Freitag, 18. Januar 2013

Mieses Halbjahreszeugnis

Mieses Halbjahreszeugnis - das können Eltern tun
Bald  ist es soweit: Die Halbjahreszeugnisse werden vergeben. Für viele Schüler bedeutet das nichts Gutes - zu schlecht sind ihre Noten. Meistens gibt es auch noch Streit mit den Eltern. Vor allem, wenn diese von den schlechten Leistungen ihrer Kinder überrascht werden, sind sie oft wütend und drohen strenge Strafen an. Dass diese Maßnahmen Konflikte schüren und meistens auf Widerstand stoßen, dürfte einleuchten. Doch was können Sie bei Versetzungsgefahr Ihrer Kinder tun?
Zeugnis als Zwischenstand
Zeugnisse informieren darüber, wie sich Ihr Kind im Unterricht entwickelt hat und welcher Leistungsstand inzwischen erreicht ist. Gerade das Halbjahreszeugnis ist dafür wichtig. Ist die Versetzung in die nächste Klasse gefährdet, haben Sie und Ihr Kind ein halbes Jahr Zeit, die Leistungen anzupassen und zu verbessern. Wichtig ist, rechtzeitig auf einen Leistungsabfall zu reagieren und die Ursachen dafür zu finden. Erst einmal sollten Sie schauen, wie es um die Leistungsfähigkeit Ihres Kindes steht und wie  sich die schlechten Noten auf die weitere Schullaufbahn oder den Berufswunsch Ihres Kindes auswirken. Besprechen Sie das mit Ihrem Kind - vielleicht ist es ihm noch nicht klar, was das gegebenenfalls für den späteren Berufswunsch bedeutet?
Jede Note für sich besprechen
An den Noten können Sie erkennen, wo Ihr Kind Hilfe und Förderung benötigt und in welchen Bereichen es Stärken hat. Am Tag der Zeugnisvergabe können Sie sich mit Ihrem Kind hinsetzen und die einzelnen Noten und Bewertungen durchgehen: Sieht Ihr Sohn oder Ihre Tochter die eigene Leistung genauso wie der Lehrer? Warum ist die Note so schlecht? Was macht das Fach interessant oder eben nicht? Hat es Probleme mit den (Fach)-Lehrern oder mit den Schülern in der Klasse? Kann es sich schlecht konzentrieren, weil es neben dem "Klassenclown" oder der besten Freundin sitzt?
Oftmals liegt das Problem schlechter Noten nicht an mangelnder Auffassungsgabe oder Faulheit, sondern an individuellen, persönlichen Schwierigkeiten. Diese können aus der Entwicklung des Kindes, beispielsweise der Pubertät oder aus dem Umfeld (Familie, Mitschüler, Lehrer) entstehen. Ist die Ursache erkannt, kann Ihr Kind die Leistung wieder steigern - es hat immerhin noch ein halbes Jahr Zeit. Ein schlechtes Halbjahreszeugnis sollten Sie deshalb nicht als Versagen Ihres Kindes, sondern als Chance sehen.
Strafen bringen wenig
Den meisten Schülern sind schlechte Noten unangenehm und peinlich. Meistens müssen sie mit der Häme ihrer Mitschüler leben, da bringt es wenig, wenn Sie als Eltern in die gleiche Kerbe schlagen und Ihr Kind ausschimpfen und bestrafen. Natürlich ist es wichtig, dass Sie Ihrem Kind vermitteln, dass Sie die schlechten Leistungen nicht tolerieren und, dass es sich künftig stärker engagieren muss. Doch sollten Sie ihm Ihre Hilfe anbieten und es nicht noch mehr unter Druck setzen, als es sowieso schon steht. Ist das Selbstbewusstsein eines Kindes oder Jugendlichen angekratzt, ist es für ihn umso schwieriger wieder Spaß am Lehren zu finden - und das sollte langfristig das Ziel sein.
Gespräche in der Schule
Die Leistung des Schülers wird vom Lehrer gemessen - also sollte unbedingt auch mit ihm das Gespräch gesucht werden. Vielleicht hat er oder sie eine Vorstellung, warum Ihr Kind im jeweiligen Fach so schlecht ist? Entscheidend ist, dass Sie das Gespräch mit Ihrem Kind und dem jeweiligen Lehrer oder der Lehrerin gemeinsam führen. Zusammen findet man leichter eine Lösung und Ihr Kind fühlt sich nicht ausgeschlossen oder bevormundet (bei kleinen Kindern in der Grundschule gilt das allerdings nicht).
Bei langfristigeren Problemen empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen (etwa alle vierzehn Tage) in der Schule nachzufragen, wie sich Ihr Kind verhält. Gerade in den Anfängen der Pubertät, wenn sich Kinder ausprobieren und ihre Grenzen testen, hilft es oft schon, wenn die Kinder merken, dass sich Eltern und Lehrer verständigen. Hat Ihr Kind allerdings Ärger mit dem Lehrer, sollten Sie eindeutig Stellung beziehen - Ihr Kind muss merken, dass Sie ihm den Rücken stärken, wenn es vom Lehrer gegängelt wird. Gegebenenfalls ist der Gang zur Schulleitung notwendig, um die Spannungen zwischen Lehrer und Schüler, die oftmals die ganze Klasse betreffen, zu lösen.
Tipps für das Elterngespräch
Gehen Sie positiv in das Gespräch und versuchen Sie Vorurteile zu vermeiden: "Ich kann dem ja eh nichts erzählen" oder "Der mag mein Kind nicht" helfen nicht in der Verständigung. Suchen Sie nicht nach Schuld - weder bei Ihrem Gegenüber noch bei Ihrem Kind - sondern versuchen Sie die Perspektiven aller Beteiligten zu sehen. Lassen Sie sich vom Lehrer und von Ihrem Kind die Probleme schildern. Vielleicht hilft das schon, den Blickwinkel der beiden "Fraktionen" zu ändern. Sprechen Sie nicht von dem, was Sie vom Lehrer erwarten, sondern wie Sie das Verhalten Ihres Kindes wahrnehmen, welchen Stellenwert Schule und Lernen in Ihrer Familie haben, wie Sie die Leistungen Ihres Kindes beurteilen und bewerten.
Wenn sich der Lehrer von Ihnen nicht "belehrt" oder selbst bewertet fühlt und er Ihre Sicht und die Sicht Ihres Kindes versteht, ist er möglicherweise zu Kompromissen und Hilfsmaßnahmen für Ihr Kind bereit. Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor: Welche Fragen möchten Sie stellen? Wie viel möchten Sie von Ihrer Familie preisgeben? Gibt es zurzeit Probleme in der Familie? Hatte Ihr Kind schon früher Lern-, Motivations- oder Konzentrationsschwierigkeiten? Gibt es in der Klasse Probleme, von denen Sie auch von anderen Eltern gehört haben und die Sie gerne besprechen möchten? Bitten Sie den Lehrer oder die Lehrerin um Rat. Wird ein Gespräch mit den Worten "Vielleicht können Sie mir einen Rat geben" oder "Vielleicht finden wir gemeinsam eine Lösung bei …" eröffnet, erzielt man gemeinhin eine größere Aufgeschlossenheit für seine Probleme als wenn man kritisch oder sogar mit Schuldzuweisungen das Gespräch beginnt.
Schulwechsel oder "Ehrenrunde"?
Gehen Sie zunächst den Ursachen der schlechten Noten auf den Grund. Im Lehrergespräch können Sie ermitteln, ob der Lehrer der Ansicht ist, dass Ihr Kind mit dem Lernstoff überfordert ist oder ob es andere Gründe für die schlechte Leistung gibt. Überforderung kann ein Anzeichen dafür sein, dass die Schulform nicht die richtige für Ihr Kind ist. Dies ist besonders dann der Fall, wenn sich die mangelhaften Noten nicht nur auf ein Fach, sondern auf mehrere Hauptfächer beziehen.
Doch dieser Schritt will gut überlegt sein, schließlich bedeutet eine neue Schule ein komplett anderes Umfeld für das Kind oder den Teenager. Das muss dem Lernen nicht zuträglich sein. Auch die Wiederholung der Klasse kann eine Besserung bewirken. "Sitzenbleiben" ist heute kein Drama mehr! Eine "Ehrenrunde" ist sinnvoll, wenn Ihr Kind den Unterricht längere Zeit verpasst hat, beispielsweise wegen einer Krankheit, und in mehreren Fächern Defizite aufweist. Ihr Kind sollte allerdings aufgeschlossen für die neue Klasse sein.
Nachhilfe als erste Maßnahme
Ist Ihr Kind sehr schüchtern und hat Angst vor einem Wechsel, bietet sich als erster Schritt Nachhilfe an. Möglicherweise motiviert die "Furcht" vor dem Klassen- oder Schulwechsel so sehr, dass die Noten langfristig besser werden. Nachhilfe ist generell oftmals sinnvoll und kann die erste Maßnahme bei Leistungsschwierigkeiten sein. Doch sollte sie zeitlich begrenzt werden. Manche Kinder verlassen sich bald ganz auf die Nachhilfe, passen in der Schule nicht richtig auf und schalten ab. Die Nachhilfe wird es schon richten. Die Lernhilfe soll jedoch dem Kind über eine kurze Zeit helfen, nicht verstandenen oder verpassten Lernstoff zu verstehen - sie ist keine Dauerlösung.
… Wenn Ihr Kind einfach keine Lust aufs Lernen, Motivationsprobleme oder gar Schulangst hat, ist ein Wechsel in die niedrigere Klassenstufe nicht ratsam - diese Probleme werden auch in der neuen Klasse wiederkehren. Gerade bei Schulangst ist es ratsam, dem Kind zur Seite zu stehen und mit ihm therapeutische Hilfe aufzusuchen. Sind die Leistungsschwierigkeiten in nur einem Fach schwerwiegend, empfiehlt sich eher Nachhilfe als ein Klassen- oder gar Schulwechsel. In jedem Fall sollten Sie sich gründlich mit dem Klassenlehrer, eventuell auch mit dem Schulpsychologen beraten.

Quelle:
16.01.2013, 14:59 Uhr | Jenni Zwick, t-online.de
letzter Zugriff: 17.01.2013, 14.00 Uhr
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